Ein verlängertes Wochenende in Paris

Ein Wochenende in Paris – ein Reisebericht zur Städtereise

Mai 2014

Unsere Parisreise begann dieses Mal am Stuttgarter Hauptbahnhof mit dem Einstieg in den komfortablen TGV. Nach entspannten 3,5 Stunden landeten wir am Gare de l`Est, mitten im Zentrum der Stadt. Eine schlecht gelaunte und vom Verkehr genervte Taxifahrerin brachte uns zu unserem Hotel „Moderne St. Germain“ im Quartier Latin, in der Nähe der Sorbonne auf der Rive Gauche. Die Hotelwahl stellte sich bezüglich Lage und Erreichbarkeit als Idealfall heraus – zur nächsten U-Bahnstation waren es nur ein paar Schritte und die wichtigsten Sehenswürdigkeiten auf beiden Seiten der Seine waren bequem fußläufig erreichbar.

Unsere Wochenendreise war u.a. einem lange versprochenen „Arbeitsbesuch“ des von unserem Freund Patrice Wagner umgebauten und renovierten Edelkaufhauses „Le Bon Marche“ geschuldet.

Darüber hinaus hatten wir für die Folgetage vor, uns die neuesten Trends und Warenpräsentationen der Luxuslabels anzuschauen, sowie eine aktuelle Ausstellung von Lucio Fontana.

Vor unserem abendlichen Besuch von Le Bon Marche bummelten wir allerdings zunächst durch das Studentenviertel, in dem Barbara während ihres Studiums an der Sorbonne vor langer Zeit ein Jahr gelebt hatte. Das Wiedersehen mit der Sorbonne war Nostalgie pur, auch wenn uns der Zugang zum repräsentativen Hauptgebäude von freundlichen Wächtern verwehrt wurde – kein Zutritt für Touristen! Der Bummel vorbei an den prachtvollen alten Gebäuden, den Denkmälern von Geistesgrößen und Künstlern, den unzähligen Bistros, Cafes, kleinen Parks und begleitet von den Studierenden aus aller Welt weckte viele schöne Erinnerungen an eine ferne, unbeschwerte Zeit.

Das Le Bon Marche, Paris

Im Le Bon Marche begrüßte uns der Chef persönlich und zeigte uns voller Stolz sein weit über 100 Jahre altes, wunderbares Kaufhaus, das in den letzten Jahren unter seiner Leitung Schritt für Schritt umgebaut, renoviert und zu einem modernen, exklusiven Einkaufstempel weiterentwickelt wurde. Hier gehen Tradition und Moderne eine faszinierende Symbiose ein. In den oberen Mode- und Einrichtungsetagen fehlt keine der bekannten Marken, die mit viel Geschmack, Kreativität und einem kundenfreundlichen Platzangebot präsentiert werden. Das Erdgeschoss ist für die weltbekannten Luxusmarken reserviert, für Louis Vuitton, Gucci, Prada etc., die sich dort in ihren eigenen, individuellen Shops selbst zelebrieren.

Der momentane ganze Stolz von Patrice Wagner gilt allerdings seiner vor kurzem erst neu eröffneten Gourmetabteilung. Hier lacht das Herz eines jeden Gourmets und Gourmands – in alle Sinne ansprechenden Präsentationen werden nicht nur banal Lebensmittel verkauft, sondern das französische Lebensgefühl, das „Savoir Vivre“ liebevoll inszeniert und präsentiert. Höhepunkt ist allerdings der Besuch im Weinkeller, der in Gestaltung, Größe und im Umfang des Sortiments einmalig in Europa ist. Patrice Wagner erläuterte, dass man hier das größte Sortiment an einheimischen Weinen in ganz Frankreich findet – im Kabinett liegen die Spitzenweine im vierstelligen Preisbereich.

Fazit: Der Besuch von Le Bon Marche ist fast schon eine Reise nach Paris wert! Im Gegensatz zu den ebenfalls sehr bekannten und traditionellen Kaufhäusern Galeries Lafayette und Printemps auf der rechten Seite der Seine, die bei unserem Besuch von Kunden und Touristen förmlich überrannt wurden, bot Le Bon Marche ein gepflegtes, individuelles und kundenorientiertes Einkaufserlebnis. Folgerichtig war und ist das Kaufhaus das Lieblingskaufhaus der geistigen und finanziellen Pariser Oberschicht und der Reichen und Anspruchsvollen aus aller Welt.

Am nächsten Tag begann unser „touristisches Maulwurfdasein“! in Paris

Da das U- und S-Bahnnetz in Paris exzellent ausgebaut und vernetzt ist, boten sich für uns relativ preiswerte 3 Tagestickets für unbegrenzte Fahrten im gesamten öffentlichen Verkehrsnetz  an, die wir auch exzessiv nutzten, um am schnellsten von A nach B über C zu kommen. Auf die Dauer kamen wir uns allerdings tatsächlich wie Maulwürfe vor, die unter der Erde verschwanden, an überraschenden Stellen wieder auftauchten, die Umgebung besichtigten und dann wieder unter die Erde abtauchten. Die unterirdischen Laufwege von einer Verbindungsstrecke zur anderen sind teilweise enorm lang, es geht beständig treppauf und treppab und wenn man nicht aufpasst, wird man von der Masse in die falsche Richtung gespült.

Wir nahmen uns einen ganzen Vormittag vor, um uns ausgiebig auf dem Montmartre umzusehen. Die dortige U-Bahnhaltestelle liegt allerdings 40 Meter unter der Erde, was eine schier endlose Zahl von Treppen bedeutete – allerdings versüßt durch bemalte Wände mit Motiven aus historischen Montmartre – Zeiten.

Wir entschlossen uns für einen entspannten Bummel, abseits des Touristenrummels, auf den malerischen und historischen Hügel mitten in Paris, den Generationen von Künstler aus aller Welt bewohnt, gemalt und beschrieben haben. Gleich zu Beginn stießen wir auf eine Gedenktafel, die an van Gogh erinnerte, bevor wir an den noch erhaltenen Mühlen vorbei kamen und die Metallbüste von Dalida, mit den von Millionen Händen blank geputzten Brüsten, bewunderte.  Der fast dörfliche Charme der alten Häuser und Gassen mit Kopfsteinpflaster  – vorbei an den alten Weinbergen, dem Restaurant Maison Rose, das in einem Gemälde von Utrillo verewigt wurde, dem Cabaret Au Lapin Agile, in dem Renoir, Picasso etc. verkehrten und manche Zeche mit einem Bild bezahlten – ist sehr empfehlenswert. Am Ende des Aufstiegs kamen wir durch wunderschöne, kleine Parks mit herrlichen Ausblicken auf die Stadt zu Füssen des Hügels und näherten uns Sacre Coeur quasi durch die Hintertüre. Leider war es mit der idyllischen Ruhe schlagartig vorbei.

Wir waren plötzlich Teil eines gigantischen, touristischen Auftriebs, der sich in und durch die Kirche mit „dem heiligen Herz“ schob und am Ende waren wir vermutlich auf einem Dutzend japanischer Fotos, da wir beim Verlassen in das Fotogewitter einer fernöstlichen  Reisegruppe gerieten. Ein aufkommender Regenschauer befreite uns und gab uns beim Abstieg die Chance eines wehmütigen Rückblicks auf den jetzt wieder etwas menschenleereren Hügel und die weiße Kirche Sacre Coeur.

Der Besuch auf dem nahe gelegenen, prachtvollen Friedhof Montmartre war zunächst insofern irritierend, als eine hoch gelegte Stadtautobahn mitten durch diesen eigentlich friedlichen Ort führte. Unsere Suche nach den Gräbern berühmter Zeitgenossen war mangels verwirrender Pläne leider nur mäßig erfolgreich, wir begnügten uns mit Sascha Guitry und Emile Zola und verpassten leider Degas, Dumas, Offenbach, Stendhal, Truffaut u.a.

Wieder zurück auf dem geschäftigen Boulevard Clichy glückte mir das Foto eines Clochards, der entrückt mitten im Verkehrsgetümmel saß, weinselig lächelnd, eine halbvolle Pulle neben sich und lustlos in einer Illustrierten blätterte. Unweit davon hatten zwei aufgetakelte alte Frauen ihren gesamten Hausrat in unzähligen Tüten wie eine Burg um sich aufgetürmt und damit statt eines Hauses einen kleinen Platz „besetzt“. Niemand nahm die 3 Gestrandeten zur Kenntnis oder störte sich an ihnen – Obdachlose gehören wohl zum normalen Straßenbild.

Wir setzten diesen spannenden Tag der Gegensätze mit einem Besuch der Retrospektive des Künstlers Lucio Fontana im Musee d`art moderne de la ville de Paris fort. Lucio Fontana (1899 – 1968) wurde weltbekannt u.a. durch seine monochromen Leinwände in lebhaften Farben, die er mit dem Messer kunstvoll aufschlitzte. Ich widme diesem genialen Künstler einen eigenen Blog auf meiner Website www.art-fashion-consulting.com  – die Ausstellung läuft noch bis zum 24.8.2014 und ist unbedingt sehenswert.

Zum Schluss dieses erlebnisreichen Tages gönnten wir uns noch einen ausführlichen Blick auf den Eifelturm, der sich im wechselnden Abendlicht und bei aufkommendem Sturm und Regenschauern sehr vielseitig und fast dramatisch präsentierte.

Der folgende Samstag war dem Besuch der Luxuslabels in und um die Rue du Faubourg und St.Honore gewidmet: Gucci, Prada, Hermes, Channel, Louis Vuitton, D&C etc. entfalteten in ihren eigenen Luxustempeln ihre verführerische Pracht. Beginnend mit kreativen und teilweise ausgefallenen Fensterdekorationen bildeten die modischen Inszenierungen im Inneren perfekte Bühnen für die Besucher aus aller Welt. Es war daher höchst  interessant, neben dem vielseitigen Warenangebot auch die internationale und sehr fernöstlich geprägte Kundschaft zu beobachten. Fast andächtig probierten die Damen die topmodischen Kleider an oder behängten sich mit sündhaft teuren Tüchern und Taschen und ließen sich von ihren wandelnden Geldbörsen bewundern!

Neben den schon erwähnten klassischen Modelabels gefielen uns besonders die Läden von Moncler und Roberto Cavalli. Immer wieder einen Besuch wert war auch der Conceptstore Colette, mit seinem kreativen Mischmasch aus Mode, Musik, Büchern, Geschenkartikeln und nutzlosem, aber schönem Krimskrams. Der Laden ist hip und spricht eine junge, internationale  Zielgruppe an, die nicht unbedingt sehr zahlungskräftig sein muss – entsprechend ist er immer randvoll.

Natürlich gehörte auch der Besuch von Galeries Lafayette und Printemps zum „händlerischen“ Besuchsprogramm, allein schon wegen der architektonischen Highlights dieser sehr traditionsreichen Gebäude. Am Samstagnachmittag waren beide Kaufhäuser aber so voll und rummelig, dass wir unseren Besuch nach einem kurzen Rundgang resigniert abbrachen und uns wieder den kleineren Läden und Einkaufsstraßen zuwandten.

Am späten Sonntagvormittag entschlossen wir uns zu einer Bootsfahrt auf der Seine, wir wollten die Stadt auch einmal vom Fluss aus erleben. Wir entschieden uns für eine ca. einstündige Rundfahrt mit den kleineren Booten von Vendettes du Pont Neuf, mit Start und Ziel an der Pont Neuf.

Dieser Ausflug auf dem Wasser lohnte sich, zumal uns während der Fahrt die Sonne lachte – bei ansonsten kühlem und unbeständigem Wetter. Wir sahen viele Sehenswürdigkeiten und berühmte Bauwerke aus einer reizvollen anderen Perspektive, z.B. den Louvre, das Musee d`Orsay, das Grand Palais, Les Invalides und natürlich wiederum den Eiffelturm, mitten im grünen Parc du Champ de Mars. Nicht zu vergessen die vielen, teils legendären Brücken mit ihren steinernen Verzierungen, goldenen Statuen und Wappen, die wir bei Hin- und Rückfahrt gleich zweimal genießen konnten. Im zweiten Teil der Bootsfahrt umrundeten wir die Ile de la Cite, sahen Notre Dame von mehreren Seiten, kamen an der ruhigen Ile St. Louis, am Justizpalast und dem alten Königspalast Conciergerie vorbei und beendeten unseren „maritimen“ Ausflug in die glanz-  und prachtvolle Vergangenheit von Paris wieder an der Pont du Neuf.

Anschließend besuchten wir das sehr beliebte  Einkaufs- und Ausgehviertel Marais, das an diesem sonnigen Sonntagnachmittag allerdings von halb Paris besucht wurde. Die Straßencafes, Restaurants, Märkte und Parks waren voll jungem Volk, das sich hier traf und amüsierte. Im jüdischen Viertel bildeten sich an den Falaffelständen beidseitig lange Schlangen, was nicht gerade einladend wirkte, zumal man auch kaum einen Sitzplatz im Freien ergattern konnte. Insofern konnten wir die hervorragenden Jazzmusiker, die an verschiedenen Straßenecken spielten, nicht gebührend genießen. Da auch viele der originellen Läden am Sonntag geschlossen waren, wurde unsere freudige Erwartung an den Bummel durch dieses alte und inzwischen gleichzeitig junge und kreative Stadtviertel leider etwas enttäuscht.

Bei meinem letzten Parisbesuch vor 3 Jahren hatte ich das Marais an einem Werktag erkundet, wo es zwar geschäftig zuging, aber weit weniger voll und stressig und damit wesentlich interessanter und besuchsfreundlicher war.

Am Abend entschädigten wir uns durch ein hervorragendes Abendessen im Restaurant Alcazar (Rue Mazarine 62) in St. Germain für diese kleine Enttäuschung selbst.

An unserem Abreisetag war uns der Wettergott leider nicht mehr gewogen – einem unangenehmen Nieselregen fiel der geplante Spaziergang durch St. Germain zum Opfer. Wir unternehmen stattdessen einen Ausflug zum Cimetiere du Pere-Lachaise, einem der berühmten Friedhöfe von Paris. Leider war auch dieser zeitaufwendige Ausflug insofern eine Enttäuschung, als wir die vielen dort ruhenden Berühmtheiten aufgrund der katastrophal schlechten Wegbeschreibung und Ausschilderung trotz großer Anstrengungen nicht fanden.

Wir waren dabei in guter Gesellschaft, überall sahen wir ratlose und enttäuschte Gesichter von Besuchern aus aller Welt. Das einzige bekannte Grab, an dem wir standen, war die eher bescheidene Grabstätte von Jim Morrison, dem Leadsänger der Doors. Wir hätten gerne Chopin, Balzac, der Callas und Piaf, Oscar Wild und Max Ernst u.v.a. die Ehre erwiesen, sind aber leider an der Unfähigkeit oder Ignoranz der Friedhofsverwaltung gescheitert – schade! Dies war umso bedauerlicher, als der Friedhof mit seinen unzähligen Grabmonumenten zweifellos sehenswert ist, zumal er als Zugabe noch einen schönen Blick auf Paris bietet.

Die noch verbliebenen Stunden bis zur Abfahrt unseres TGV am späten Nachmittag verbrachten wir in Notre Dame und Umgebung – Paris im Regen machte uns den Abschied leicht. Zu Hause stellte ich beim Blick auf die Waage fest, dass ich in den 4 Tagen 3 kg abgenommen hatte – ein angenehmer Nebeneffekt, den langen Fußmärschen und zu wenig Muße für kulinarische Genüsse geschuldet. Da besteht für die nächste Parisreise zweifellos Nachholbedarf!

Klaus Weidner                                                                                                     Mai 2014

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In diesem Reisebericht berichte ich was wir bei einer Städtereise an einem verlängertem Wochenende in Paris so alles erlebt haben
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