Golf und Kultur in Apulien

Golf und Kultur in Apulien – Oktober 2011, ein Reisebericht

Dass wir aus Umzugsgründen unsere geplante Woche am Golf von Tarent von April auf Ende September verschieben mussten, erwieß sich im Nachhinein als großer Glücksfall – auch wenn es bei der Ankunft in Bari zunächst nicht so aussah.

Wir landeten gegen 20.00 Uhr auf dem Flughafen Bari und wurden von starkem Regen und Blitz und Donner begrüßt. Na toll – in Deutschland hatten wir beim Abflug Sonne und 27 Grad.

Die Fahrt mit dem Mietwagen durch den italienischen Verkehr und die regnerische Nacht quer durchs Land zu unserem Ziel am Golf von Tarent erwies sich als „Härtetest“, zumal wir bei der Autoanmietung glaubten, auf ein Navisystem verzichten zu können. Es stellte sich heraus, dass die Fahrt durch das nächtliche Hinterland nicht das Problem war, vielmehr brauchten wir für die letzten 10 km mehr als eine Stunde, weil wir die schlecht beschilderte Zufahrt zu unserem Golfressort nur mit Mühe fanden. Es war eine Erlösung, als nach diversen Irrfahrten durch einsame Küstenstädte endlich das „Riva Dei Tessali Hotel & Golf Ressort“ vor uns im Scheinwerferlicht auftauchte. Als sich der Schlagbaum des gesicherten Ressorts hinter uns senkte, atmeten wir erleichtert auf, es begann eine traumhafte Urlaubswoche.

Ein freundlicher Mensch erwartete uns im Hotel zu später Stunde und brachte uns ohne Bürokratie und Umstände äusserst freundlich zu unserem „Residence Apartment“. Dort fanden wir eine schöne Flasche Rotwein und ein Abendessen vor, das er für uns vorsorglich reserviert hatte.

Am nächsten Morgen erwartete uns ein strahlender Spätsommertag, an dem wir zunächst unser Feriendomizil erkundeten und von Stunde zu Stunde mehr begeistert waren. Es stellte sich heraus, dass das „Golf Ressort Riva Dei Tessali“ einerseits in einen weitläufigen Pinienwald eingebettet ist und andererseits direkt am Meer mit einem wunderbaren Sandstand liegt. Golfplatz, Golfhotel und die diversen Depandancen sind sehr großzügig mit viel Raum und Grünflächen angelegt – ebenso die über 500 überwiegend prachtvollen Privatvillen, die sich meist hinter natürlichen Zäunen aus Büschen und Bäumen verstecken. Es wird sofort deutlich, dass das Ganze nicht auf Massentourismus, sondern private Atmosphäre und entspannte Ruhe angelegt ist.

Wir wohnten in einer Depandance, die aus 20 jeweils zweistöckigen Einheiten besteht und hatten Blick und direkten Zugang zum 10. Abschlag des Golfplatzes. Die s.g. Apartments verfügen über 2 Schlafräume und 2 Bäder und sind eigentlich für 4 Personen angelegt – wir genossen zu Zweit den Luxus von viel Platz und die Tatsache, dass wir auch im Außenbereich völlig ungestört waren. Man hätte sich dort auch selbst verpflegen und kochen können, wir haben allerdings den hervorragenden Service des Hotels beim Frühstück und Abendessen in Anspruch genommen.

Besonders erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang die außerordentlich Freundlichkeit des Personals und die kulinarische Qualität speziell des Abendessens, das immer mit einem mediterranen Büffet begann und dann 3 weitere landestypische Pasta-, Fisch- und Fleischgänge folgen ließ.

Beim Golfplatz handelt es sich um einen 18 Loch Championship Course, auf dem viele Jahre die Apulian Open stattfand. Er wird umrahmt von einem Pinienwald und bietet eine große Vielfalt herausfordernder Löcher für jede Spielstärke. Im Gegensatz zu vielen Ressorts z.B. in USA, bei denen die Fairways von Häusern eingerahmt sind, spielt man hier in nahezu unberührter Natur und Ruhe, die oben erwähnten Villas sind vom Golfplatz aus kaum sichtbar.

Wir hatten während der Woche oft das Gefühl eines Privatplatzes, wir konnten abschlagen, wann wir wollten und hatten selten jemand vor oder hinter uns. Ein besonderer Luxus war natürlich die Tatsache, dass wir am 10. Loch wohnten und von dort aus auch jederzeit unsere Runde beginnen und beenden konnten.

Am Wochenende war natürlich am späteren Vormittag deutlich mehr Betrieb, da Mitglieder und Eigner der Villen angereist waren – aber auch am Wochenende war man am Nachmittag fast wieder allein. Dies hängt zum einen damit zusammen, dass für die Italiener der Sommer offenbar Anfang Oktober zu Ende ist, zum anderen gehört ein weiterer Golfplatz, der nur 15 Fahrminuten entfernte Golf di Metaponto, ebenfalls zum Ressort und kann bei Turnieren als Ausweichalternative bespielt werden. Dieser Golfplatz ist ziemlich jung und deshalb vom Bewuchs noch nicht so reizvoll, wie der alte Riva Dei Tessali.

Nach der Vormittagsrunde und einer entsprechenden Mittagspause besteht somit jederzeit die Möglichkeit, eine weitere Runde zu spielen –„ unlimited golf“ stand in unserem Arrangement!

Wir wählten allerdings als Alternative das angrenzende Meer. Über eine Brücke in Hotelnähe gelangt man zu einem bewachten Privatstrand des Hotels. Durch eine ziemlich verfallene alte Pracht an Kabinen und über diverse schiefe Treppen erklimmt man ehemalige Dünen und hat plötzlich viele km feinsten Sandstrandes vor sich – auch hier ist man während der Woche praktisch allein, man nimmt sich eine Liege und öffnet den Sonnenschirm und lässt die Seele baumeln! Das klare und saubere Wasser ist Ende September noch warm, das Wetter war die ganze Woche sonnig bei 29 Grad, ein leichter Wind sorgt für ein außerordentlich angenehmes Klima.

Wir waren von der Ruhe und entspannten Atmosphäre im Ressort so begeistert, dass wir die ersten Tage überhaupt nicht auf die Idee kamen, dieses Paradies zu verlassen, außer um im Nachbarort ein paar Getränke und Lebensmittel für das mittägliche Vesper einzukaufen: Entspannung pur!

Bei so viel Lob, seien auch ein paar kritische Anmerkungen erlaubt. Für das Hotel war totale Nachsaison, während der Woche wohnten dort nur eine Handvoll Gäste. Im Gegensatz zur hervorragenden Küche war die unmittelbare Umgebung des Hotels grenzwertig, das Schwimmbad voller Piniennadeln, die Wege und Strandeinrichtungen lieblos „unbeachtet“ etc. Weiterhin sind die gesamten Wohnanlagen viele Jahre alt und ziemlich abgewohnt, hier sind Investitionen nötig und unumgänglich. Wir haben dies auch mit der Leitung vor Ort besprochen und offene Ohren vorgefunden. Ob allerdings die Marquesa, der alles gehört, bereit ist zu investieren, konnte niemand sagen.

Dessen ungeachtet ist für uns „Riva Dei Tessali“ ein echter Geheimtipp für Individualisten, die Ruhe und Entspannung mit (viel) Golf kombinieren wollen.

Nach unserer Erfahrung empfehlen wir, nicht im Hotel, sondern in den Redidence Apartments oder in den Villas der Dependance zu wohnen und im übrigen auf die speziellen Golfangebote im Internet zu achten. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass man über einen Mietwagen oder eigenen PKW verfügt – auch um in Metaponto Golf spielen zu können.

Gegen Ende unserer Urlaubswoche (am etwas belebteren Wochenende) haben wir uns dann doch aufgerafft, die kulturträchtige weitere Umgebung mit dem Auto zu erkunden.

Eine Halbtagesfahrt führte uns zunächst in das ca 50 km entfernte Valle d´Itria, wo wir die 3 Städte Alborello, Locorotondo und Martina Franca besuchten.

Dieser samstägliche Ausflug bleibt in seiner Vielfalt unvergesslich.

Wir fahren im höher gelegenen Binnenland durch eine gepflegte, alte Kulturlandschaft, die sehr „aufgeräumt“ aussieht und einen gewissen Wohlstand ausstrahlt.

Dann stehen wir plötzlich staunend in der „Disney Kulisse“ von Alborello, der Hauptstadt der Trullis, die inzwischen zum Weltkulturerbe erklärt wurde. Ganze Straßenzüge bestehen aus diesen putzigen Häusern mit Zipfelmützen – ehemals mörtellosen Steinhäusern, deren Bau auf das 17. Jahrhundert zurückgeht. Die auf den Feldern der Umgebung reichlich vorhandenen Kalksteine werden sowohl für die Mauern, als auch als Platten für die Dächer verwendet und bilden so einen grauen Kontrast zu den weiß gekalkten Trullimauern. Obwohl der ganze Ort heute eine gigantische „Tourismusmaschine“ ist – in nahezu jedem Trulli finden sich Kitschläden, Restaurants etc., kann man sich dem kuriosen Charme dieses Ortes und seiner Umgebung nicht entziehen – noch ein Foto, und noch eines….

Wir fahren weiter und kommen nach ein paar km in den kleinen, zauberhaften Ort Locorotondo. Er liegt strahlend weiß auf einem Hügel und hat seinen Namen von der kreisförmigen Anlage seiner Straßen. Ein Bummel durch die Gassen bietet wunderbare Ein- und Ausblicke, der Weisswein der Gegend ist berühmt, die gemütlichen Restaurants laden zum Schlemmen und Verweilen ein. Zum Abschied noch ein wunderbarer Panoramablick auf das Valle d`Istria – auf fruchtbares Land, Trullis, Oliven- und Mandelbäume und viel Weinbau. Hier möchte ich gerne nochmals zur Zeit der Mandelblüte stehen – Blicke und Gerüche müssen gigantisch sein!

Der letzte Ort, den wir an diesem Nachmittag besuchen, ist Martina Franca, der lt. Führer zu den faszinierendsten Orten Apuliens gehört. Die Stadt zeichnet sich durch eine barocke Eleganz aus, die wir in dieser Pracht nicht erwartet haben Die Gassen und Plätze der Altstadt beherbergen eine Vielzahl prachtvoller Gebäude, aber auch liebevoller Details an Portalen, Balkonen, Fenstern, Geländern etc. Erwähnens- und besichtigenswert sind die Kirche San Martino und der Palazzo Ducale. Da um

15.00 Uhr schlagartig alle Läden und Restaurants geschlossen wurden, mussten wir uns mit einem, allerdings köstlichen, Eis begnügen.

Auf unserer Rückfahrt nach Riva Die Tessali machen wir gegen Abend noch einen kurzen Stopp in der Altstadt von Tarent.

Wir kapitulieren etwas erschöpft schnell vor der heruntergekommenen Altstadt, den verfallenen Häusern, dem Müll und Dreck und beschließen, dieser Stadt beim nächsten Mal einen ausführlicheren Besuch abzustatten, zumal es durchaus viel zu sehen gibt, wie man uns sagte, wenn man die entsprechende Zeit und Muße hat.

Am letzten Urlaubstag machten wir unseren zweiten eindrucksvollen Besichtigungstrip nach Matera und zum Castel del Monte.

Matera gehört zwar nicht mehr zu Apulien, sondern zur Region Basilikata, stellt aber ein touristisches MUSS dar. Der auf einen Hügel gebaute uralte Ort ist schon an sich sehr pittoresk. Allerdings ist er berühmt durch seine Sassi, seine Grottenkultur am Rand der Altstadt. Ziemlich unvorbereitet steht der Besucher plötzlich vor einer Schlucht, an deren steilen Wänden Tuffgrotten von frühgeschichtlicher Zeit bis in die 1950 ger Jahre bewohnt waren. Zunächst aus hygienischen Gründen aufgegeben, stellen sie heute ein weiteres Weltkulturerbe dar. Beim nächsten Besuch werden wir uns die Zeit nehmen, die Schlucht zu erwandern, für dieses Mal haben wir es aus Zeitgründen bei einem kurzen Abstecher belassen.

Nach einer schönen Fahrt durch einen großen Nationalpark und einen Teil, der „Park der Schwaben“ heißt, nähern wir uns dem magischen Bau des Stauferkaisers Friedrich II., dem Castel del Monte.

Der achteckige Bau liegt auf einem Hügel und beherrscht somit die Landschaft schon von weitem. Je näher man dem Castel kommt, desto harmonischer und schöner stellt es sich dem Betrachter dar. Es wurde zwischen 1229 und 1249 erbaut, wobei die Motive Friedrich II. bis heute rätselhaft blieben, zumal er es nie länger bewohnte.

Wie dem auch sei, die Besichtigung dieses rätselhaften und monumentalen Bauwerks stellt einen Höhepunkt unserer Apulienreise dar.

Es ist erstaunlich gut erhalten, die einzelnen Räume bieten wunderbare Ausblicke ins weite Land und Einblicke in viele erstaunliche Details, wie z.B. moderne Wasserleitungen etc. Das Ganze strahlt etwas Mystisches aus, wie wir es z.B. auch bei den Pyramiden empfunden haben. Das liegt natürlich auch an der einzigartigen Persönlichkeit des schwäbischen Stauferkaisers, der nicht nur außerordentlich gebildet war, sondern auch mit vielen (unehelichen) Kindern sehr fruchtbar.

Es lässt sich wunderbar spekulieren, was es mit der Zahl 8 auf sich hatte, achteckig wie der heilige Gral? Wenn man sich Zeit nimmt, kann man herrliche

Licht-/ Schattenspiele im offenen Hof oder an den kunstvollen Fenstern beobachten und sich dabei seine eigenen Gedanken machen…

Ein würdiger Abschluss einer sehr empfehlenswerten Ferienwoche in Apulien – wir werden wiederkommen, zumal es noch viel zu entdecken gibt. Was aber auch in Erinnerung bleibt, ist die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen, auf die wir überall gestoßen sind – sehr angenehm!

Klaus Weidner, Oktober 2011

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Golf und Kultur in Apulien
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Golf und Kultur in Apulien
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Ein Reisebericht über Apulien im Südosten von Italien mit vielen Geheimtipps
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