Das Lächeln Südostasien (Kambodscha)

Reisebericht Teil1: Kambodscha

Teil 1 Kambodscha

 

Vorbemerkungen

Ich berichte über eine individuelle, 3 wöchige Reise nach Kambodscha und Vietnam, im November / Dezember 2007.

Die Reiseplanung war nach den Wünschen unserer 4 köpfigen Reisegruppe „maßgeschneidert“ und wurde organisiert von Asian Adventure in Mettmann.

Die Vorgabe an die Organisation war eine persönliche, fachkundige Führung und Betreuung vor Ort, sehr gute Hotels, die uns Erholung von den Tagesstrapazen bieten sollten und der Versuch, dem Touristenrummel durch eine „antizyklische“ Tagesplanung bestmöglichst zu entgehen.

Alle Flüge wurden mit Vietnam Air durchgeführt, die – entgegen der Vorhersagen – pünktlich waren und uns mit dem Lächeln Südostasiens verwöhnten.

Die Reisezeit November / Dezember wurde bewusst gewählt, da die Wetter- und Klimabedingungen zu diesem Zeitpunkt weitgehend angenehm und erträglich sein sollten.

 

1./2.Tag

Nach einem Nachtflug mit Vietnam-Air kamen wir nach einem 11 Stundenflug morgens in Saigon (Ho Chi Minh City) an und mussten uns im Transferbereich

3 Stunden die Zeit vertreiben bis zum Weiterflug nach Siem Reap /Kambodscha.

Beim Lesen der „Vietnam News“ fuhr uns allerdings der Schreck in die Glieder, als wir von Taifunen und starken Überschwemmungen und Erdrutschen in Mittelvietnam, in den Provinzen Hue / Danang, lasen, die zu starken Zerstörungen und großen Beeinträchtigungen des Tourismus in diesen Regionen geführt hätten. Da Freunde von uns vor einer Woche nach Vietnam gestartet waren, versuchten wir, sie per Handy zu erreichen und – Wunder der Technik – ich hatte beim ersten Versuch meinen Freund in der Leitung. Er saß zwar in Hue im Regen, konnte uns aber dahingehend beruhigen, dass er seine Reise weitgehend ordnungsgemäß durchführen konnte.

Insofern stiegen wir wieder voller Vorfreude ins Flugzeug nach Siem Reap, das wir nach nur 45 Minuten ereichten.

Wir wurden am Flughafen freundlich begrüßt und abgeholt und in ein sehr schönes Hotel transferiert. Obwohl der Himmel wolkenverhangen war, wurde uns versichert,

„it will not rain!“ Minuten später gab es einen ca. einstündigen Wolkenbruch, es schüttete, wie aus Kübeln und das, obwohl alle fröhlich beteuerten, dass die Regenzeit eigentlich vorbei sei.

Bei meinem spätnachmittäglichen ersten Spaziergang durch Siem Reap waren noch viele Strassen für mich unpassierbar überschwemmt, die Einheimischen wateten allerdings unbeeindruckt mit hochgekrempelten Hosen durch das Wasser, ebenso wenig ließen sich die vielen Mopeds und Roller und wenigen Autos von dieser Sintflut stören. Viele motorisierte Kleinunternehmer boten mir spontan gegen ein kleines Entgelt ihren Rücksitz an, was ich aber etwas skeptisch ablehnte. Ich zog zwar manchen neugierigen Blick auf mich, wurde aber in keiner Weise belästigt, auch nicht von bettelnden Kindern, sondern wurde immer wieder von diesem „Lächeln Asiens“ überrascht. Im Supermarkt waren die Waren in Dollar ausgepreist – der uns als beliebte Zweitwährung während der ganzen Reise begleitete. Siem Reap machte auf mich noch einen ursprünglichen, fast ländlichen Eindruck, die Leute leben und arbeiten weitgehend auf der Strasse, überall wird ge- und verhandelt, Handwerker werkeln fleißig vor sich hin, Autos und Mopeds werden repariert, überall werden Fahrdienstleistungen jeder Art angeboten. Die Gebäude und Stadtviertel von Siem Reap sind Zeugen einer kolonialen Vergangenheit mit starken chinesischen und französischen Einflüssen und wirken heute auf eine liebenswürdige Weise morbide, aber gleichzeitig lebt und pulsiert die Stadt – nicht zuletzt wegen des sprunghaft ansteigenden Touristenstroms.

Die abendliche Rushhour war eindrucksvoll, Tausende von Mopeds und Roller fahren in 6er Reihen nebeneinander auf die Kreuzungen zu, treffen sich dort zu einem schier unentwirrbaren Knäuel und entwirren sich wieder auf wundersame Weise – allerdings mit einem unbeschreiblichen Hupkonzert, das die halbe Nacht andauert. Am Fluss sah ich noch amüsiert zu, wie ein Achter voller lustiger Jugendlicher langsam unterging und mühsam wieder leer geschöpft wurde – es war das erste Training für ein Bootsrennen, das ein paar Tage später stattfinden sollte, wie ich später erfuhr.

 

3. Tag

Der Tag beginnt mit einem wunderbaren Frühstück im Freien, die Sonne lässt sich blicken, es ist 25 Grad (feucht-) warm und verspricht ein spannender Tag zu werden.

Unser Führer Samith holt uns ab, er spricht gut deutsch, was er in der 80 er Jahren in der DDR gelernt hat, wo er in Suhl/Thüringen eine Ausbildung als Maschinenschlosser abgeschlossen hat.

Er führt uns kurz in das ein, was uns in den nächsten 3 Tagen erwartet. Wir werden uns weitgehend im „archäologischen Park“ des Angkor-Gebiets aufhalten, das sich ca. 6-25 km nördlich von Siem Reap befindet.

Zwischen 800 und 1400 ent- und bestand hier das Reich der Khmer, mit mehreren Städten und einer Vielzahl weltlicher und sakraler Bauten, deren Ruinen heute zum Weltkulturerbe der UNESCO gehören. Um 1450 wurde das Angkorgebiet weitestgehend verlassen und nach und nach vergessen, zumal sich der wild wuchernde Urwald das ihm entrissene Gebiet im Lauf der Zeit zurückeroberte. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts berichteten französische Missionare und weitere europäische Forscher und Weltreisende von diesem „Weltwunder im Urwald“, einem einmaligen Zeugnis einer untergegangenen Hochkultur.

Voller Vorfreude kommen wir zum Eingang des archäologischen Parks, werden zusammen mit Heerscharen von Koreanern, Japanern und Chinesen fotografiert und digitalisiert und erhalten dann unseren 3-Tagespass, der uns unbegrenzten Zugang zu allen Sehenswürdigkeiten garantiert.

Auf dem Programm steht heute Morgen Angkor Thom, eine riesige Stadtanlage der Khmerkönige, 9 qkm groß, entstanden im 12. Jahrhundert, die früher von über

1 Million Menschen bewohnt war und von einer 3 km langen Mauer geschützt wurde. Eindrucksvoll ist schon der Weg zum Südtor, der links und rechts der Strasse von je 54 Gottheiten und Dämonen gesäumt ist, über einen breiten Wassergraben führt, der früher voller Krokodile war, die allerdings die mehrfache Eroberung der Stadt nicht verhinderten. Im Torturm begrüßen uns riesige steinerne Gesichter, die in unterschiedlichster Form charakteristisch für viele Bauwerke der Stadt sind – ihr unergründliches Lächeln hat die Jahrhunderte überlebt und fesselt auch heute Blicke und Gedanken der Betrachter.

Die Stadt bestand aus einer Vielzahl von Tempeln, Monumenten und Plätzen, das Zentrum der Stadt war der Bayon, ein buddhistisches Heiligtum größten Ausmaßes. Dieses mächtige und doch anmutige Wunderwerk erscheint von Weitem erstaunlich unversehrt. Über viele Stufen und Treppen, auf verwinkelten Pfaden und über 3 Terrassen kommt man schließlich zum zentralen, 4 gesichtigen Prasat (heiliger Berg), einem der unvergesslichen Wahrzeichen dieser Hochkultur. Von allen Seiten wird der Betrachter von massiven steinernen Gesichtern betrachtet, die ein mildes, heiteres Lächeln ausströmen – als Symbol und Bild für Geduld, universelles Verständnis und Sympathie. Mir scheint, hier ist man dem Wesen der buddhistischen Lehre sehr nahe, hier wäre der ideale Platz für Meditation und Rückbesinnung. Menschenmassen und gedrängter Zeitplan lassen ein längeres Verweilen leider nicht zu, statt dessen führt der Weg vorbei an wundervollen Reliefs und Skulpturen, die friedliche und kriegerische Geschichten aus längst vergangener Zeit erzählen. Wenn man sich in Erinnerung ruft, dass heute nur noch die steinernen Teile des Bauwerks und der Stadt überlebten und dass früher alles mit Holz und Farbe ausgeschmückt war, dann überfordert die ehemalige Schönheit fast unsere Phantasie.

Wir bummeln an diesem Morgen durch weitere Tempelanlagen, bewundern die Elefantenterrasse vor dem Königspalast, besteigen den Phimeanakas, ein Heiligtum, das auf einer dreistufigen Pyramide steht und mit seinem roten Sandstein und seiner filigranen Bauweise eine majestätische Ruhe ausstrahlt – ein roter Kontrast inmitten riesiger Urwaldbäume. Von dort hat man einen wunderbaren Blick auf den ehemaligen Königspalast, seine Terrassen, Bäder und Teiche.

Ich erspare meinen Knien den beschwerlichen Auf- und Abstieg und führe stattdessen mit einer Hübschen freundliche, aber hartnäckige Verhandlungen über den Kauf eines Angkor-Kunstführers in deutsch, für den meine Freunde in Deutschland 30.-€ bezahlt haben. Für schließlich 12 Dollar glaube ich mit diesem perfekten Raubdruck ein Schnäppchen gemacht zu haben – eine Illusion, die mir Stunden später zerstört wird, als das gleiche Buch für 5 Dollar angeboten wird.

Die 4 stündige Besichtigungstour dieses Vormittags ist wie im Fluge vergangen. Wir haben von unserem Führer Samith viel über Geschichte, Religion und Kultur gehört, sind fasziniert von der Vielfalt und Schönheit der Anlagen, die Kriegen und vielfältiger Zerstörung getrotzt haben und sich heute in einer vollkommenen Harmonie mit der Natur präsentieren.

Beim Mittagessen in einem urigen einheimischen Restaurant am Schwimmbad, wie Samith den angrenzenden See nennt, tauschen wir zunächst unsere vielfältigen Eindrücke aus und erfuhren dann von ihm Stück für Stück aus seiner persönlichen Lebensgeschichte, die eng verbunden ist mit den jüngsten Ereignissen in Kambodscha, die schlimmer und grausamer kaum hätten sein können.

Er ist 52 Jahre alt und hat somit die Regierungszeit der Roten Khmer als betroffener Zeitzeuge miterlebt oder besser miterlitten.

Die von China und Nordvietnam unterstützte Schreckensherrschaft der Roten Khmer kostet nicht nur 1,3 Mio Menschen das Leben, sondern ganz gezielt wurde nahezu die gesamte Intelligenz des Landes vernichtet. Der tödliche Irrsinn zerstörte Kultur und Tradition, der Hass zerriss Familien, im Falle von Samith tötete ein Onkel seinen Vater, mehrere Brüder wurden ermordet, Samith selbst wurde gefoltert, erniedrigt und zu einer Zwangsheirat gezwungen. Er überlebte, aber trägt hinter seiner lächelnden Fassade einen ungeheuren Hass mit sich herum. Wir erfahren Stück für Stück, dass sich die gequälte Bevölkerung blutig rächte, nachdem China die Unterstützung der Roten Khmer eingestellt hatte – auch da gab es wieder Zehntaussende von Toten. Erst seit ca.1991 herrscht intern wieder Frieden, aber die Nachkommen oder Überlebenden der Roten Khmer werden weiterhin gemieden, sofern sie sich in einem zutiefst korrupten System nicht von Schuld freikaufen konnten – Geld tilgt offenbar Erinnerungen!

Der König scheint eine sehr schwache Figur zu sein, ebenso die korrupte Regierung – die Abhängigkeit von den starken Nachbarn Vietnam und China ist groß. Obwohl jährlich eine Million Touristen nach Angkor Wat kommen, fließt das Geld weitgehend in ausländische Investorenhände, beim breiten Volk kommt wenig an. Als Beispiel kann der archäologische Park Angkor Wat dienen: die Regierung hat das Betreiben des Parks an koreanisch / französische Investoren vergeben, nur ein Viertel der Einnahmen landet lt. Vertrag beim Staat. Die Mieten und Preise steigen, selbst Samith mit seinem privilegierten Job muss hart kämpfen, um seine Familie mit

5 Kindern täglich satt zu bekommen. Vietnam und China benutzen Kambodscha inzwischen als preiswerte „Werkbank“ für die Fertigung von Textilien etc.

Der normale Tourist merkt davon wenig bis nichts – wunderschöne Hotels aller Preisklassen, preiswerte Restaurants, freundliche Menschen hinterlassen das oberflächliche Bild einer erfreulichen wirtschaftlichen Situation und Entwicklung – dieses Bild täuscht offenbar!

An diesem Nachmittag spielt auch das Wetter ein bisschen verrückt. Obwohl eigentlich trockener Winter und die Regenzeit längst vorbei sein sollte, stellen sich wie am Vortag pünktlich um 15.00 Uhr tropische Regenfälle ein. Die kleinen Kinder der Restaurantbesitzer nutzen sie als willkommene warme Dusche, für uns endet das Besichtigungsprogramm, da alle Wege und Stufen zu glatt und glitschig sind.

Samith ist über diesen verkürzten Arbeitstag glücklich, da er noch zum Fischen gehen und so den Küchenzettel für seine Familie auffrischen kann.

 

4. Tag

Absprachegemäß starten wir schon um 7.00 Uhr, um den Touristenströmen aus dem Wege zu gehen. Bei wolkenlos blauem Himmel stehen am Vormittag 2 große Tempelanlagen auf dem Programm: Ta Prohm und Preah Khan, am Nachmittag planen wir einen Ausflug auf den Tonle Sapsee, wenn das Wetter mitspielt.

Der Besuch des Ta Prohm Tempels zählt zu den Höhepunkten dieser Reise, obwohl er wenig restauriert und von Wind, Wetter und Urwald ziemlich zerstört ist. Er wurde 1186 als Kloster der Mutter aller Buddhas geweiht – eine Inschrift beschreibt, dass 80.000 Menschen hier und in der Umgebung lebten – Hohepriester, Priester, Nonnen, Tänzerinnen, Dorfbewohner, Arbeiter. Das königliche Kloster bestand aus einer Vielzahl von Räumen, Plätzen, Gängen, Treppen, Terrassen, Türmen und war umgeben von riesigen Stein- und Ziegelmauern.

Was den Tempel heute aber unvergesslich und unvergleichbar macht, ist die Tatsache, dass der Dschungel ihn im Lauf der Jahrhunderte weitgehend zurückeroberte, als er vor 600 Jahren aufgegeben wurde. Gewaltige Feigen- und Kapohbäume überwucherten und durchdrangen den Tempel vollständig und schufen so eine untrennbare Symbiose von Natur und menschlicher Baukunst. Die gigantischen Wurzeln durchdringen und überwuchern Mauern, Türme, Räume und Plätze – zerstören einerseits das Mauerwerk und halten es gleichzeitig so eng umschlungen, dass es für die Ewigkeit geschaffen scheint. Im Zwielicht des frühen Morgens bieten sich uns mystische, unvergessliche Bilder, hier ein Sonnenstrahl auf zerbröselndem Stein, dort eine geheimnisvolle Dschungelatmosphäre, die ihre sich ständig verändernden Spiele mit Licht und Schatten treibt. Wir durchstreifen staunend die Gänge, Treppen und Terrassen der Ruinen und stoßen auf immer neue Details und „Bühnenbilder“, die die Natur schuf. Es ist kein Wunder, dass in dieser Szenerie Filme gedreht wurden, der bekannteste ist wohl „Tomb Raider“ mit Angelina Jolie.

Der nachfolgende Besuch des Preah Kahn-Tempels ist zwar weniger spektakulär, obwohl er früher ein beeindruckender Klosterkomplex war, in dem mehr als 1000 Mönche lebten.

Man kann nur noch erahnen, welche prachtvolle Anlage mit 102 Türmen, unzähligen Gängen und Säulenhallen, Reliefs und Figuren hier stand.

Die vielen verlorenen Kriege hinterließen ihre Spuren, vor allem aber die Roten Khmer und befreundeten Vietnamesen, die teilweise mit Panzern in die Anlage fuhren und dort Schiessübungen abhielten. Außerdem transportierte die vietnamesische Armee mit Hubschraubern Statuen und Kunstwerke aller Art ab, die heute in den Museen Vietnams zu besichtigen sind. Trotz allem besitzt die Anlage noch eine besondere Ausstrahlung für den Betrachter, der immer wieder wunderbare Details entdeckt, die der Zerstörung getrotzt haben. Auch hier sind Mauerteile von riesigen Wurzeln umklammert, die allerdings teilweise gekappt und als Brennholz verwendet wurden – was irgendwie noch barbarischer wirkt, als mutwillige Zerstörungen am Mauerwerk.

Am Mittag nutzen wir die Chance einer kurzen Windstille zu einem viertelstündigen Ballonflug, der uns aus 200 m Höhe einen wunderbaren Blick über die grüne Landschaft, aber vor allem auf die Anlage von Angkor Wat bietet. Dieser Blick zeigt zum einen das Ausmaß der ganzen Anlage und erhöht natürlich die Vorfreude auf den morgigen Besuch.

Da das Wetter heute mitspielt, nutzen wir den Nachmittag zu einem Ausflug auf den Tonle Sap See, den größten Süßwassersee in Südostasien. Der See „atmet“ im Jahresverlauf, in der Trockenphase ist er 2.700 qkm groß, in der Regenzeit, gespeist durch den Mekong, wächst er auf bis zu 16.000 qkm. Der See verfügt über einen ungeheuren Fischreichtum, der aber auch Begehrlichkeiten bei Nachbarn weckte, wie wir bald sehen sollten.

Bei unserer malerischen Bootsfahrt über den See werden wir plötzlich von kleinen, schnellen Motorbooten überholt und von jungen Mädchen geentert, die blitzschnell an Bord klettern, Früchte und Getränke anbieten und genauso schnell wieder verschwinden – ich möchte nicht wissen, wie viele Fotoapparate, Taschen etc., die achtlos herumlagen, bei solchen Gelegenheiten den Besitzer wechselten. Unser Führer macht eine ernste Miene zum lustigen Spiel und erklärt uns mit ernster Miene, dass es sich bei den Kurzbesuchern um Vietnamesen handele.

Später legen wir auf der Seemitte an einer schwimmenden Insel an, die Läden, ein Restaurant, eine Fischzucht etc. beherbergt. Rundum ankern Hunderte von Hausbooten mit Tausenden von Menschen – alles Vietnamesen, die über den Mekong illegal eingereist sind und hier mitten in Kambodscha auf dem See einen Staat im Staat bilden – Gesetzlose, die wohl ihren eigenen Regeln folgen. Möglicherweise sind sie christlichen Werten und Regeln verpflichtet, da sie lt. unserem Führer größtenteils Katholiken sind. Prompt entdecken wir in der Nachbarschaft eine schwimmende katholische Kirche.

Samith erläutert uns mit bitterer Miene, dass diese Vietnamesen die besten Fischgründe besetzen, mit den Touristen einen lukrativen, steuerfreien Handel betreiben, ihre eigene Sprache sprechen und ihr Gebiet notfalls auch mit Waffengewalt verteidigen. Die kambodschanische Regierung will sich nicht mit dem mächtigen Nachbarn Vietnam anlegen und lässt sie gewähren – so sind die kambodschanischen Fischer im eigenen Land die Verlierer.

Man kann sich für die Zukunft unschwer vorstellen, dass hier ein Konflikt schwelt, der hoffentlich nicht in Gewalt ausartet. Bei der Rückfahrt kommen wir in Ufernähe und entlang des Siem Reap Rivers an vielen malerischen Pfahlbauten vorbei, die reizvolle Fotomotive bieten. Doch auch hier gibt es Probleme: die Ansiedlungen entlang des Flusses sind zwar schon lange geduldet, aber ebenfalls illegal – die Stadt möchte diese attraktiven Flussufer für neue, moderne Ansiedlungen nutzen, hat aber noch keine Lösung, was sie mit den heutigen Anwohnern machen will.

Zum Abschluss dieses ereignisreichen Tages besteigen wir mit Hunderten von Touristen einen kleinen Berg, um von dort den Sonnenuntergang zu genießen. Leider sind die besten, aussichtsreichsten Plätze auf dem Tempel, der den Gipfel ziert, längst besetzt – so dass wir den Sonnenuntergang über Ankor Wat nur erahnen können.

Beim köstlichen Abendessen in unserem Hotel verschmerzen wir diese kleine Enttäuschung leicht und freuen uns auf den definitiven Höhepunkt unseres Besuchs in Kambodscha, den morgigen Besuch im geheimnisvollen Angkor Wat.

 

5. Tag

Wiederum früh morgens besuchen wir Angkor Wat, das berühmteste Bauwerk von Angkor. Die eindrucksvolle, fünftürmige Silhouette von Angkor Wat erscheint uns im morgendlichen Sonnenschein gleich zweifach, in echt und als wunderbare Spiegelung im glatten Wasser des vorgelagerten Wassergrabens.

Angkor Wat (die Hauptstadt der Pagoden) ist der größte Tempelkomplex in Kambodscha, im 12. Jahrhundert erbaut, dem Hindugott Vishnu geweiht. Die ganze Tempelanlage erstreckte sich über 200 Hektar. Im Zentrum der Anlage steht eine Gruppe von 5 Türmen, wobei der höchste mittlere Turm 61 Meter hoch ist – diese rötlich leuchtende Silhouette bleibt bei jedem Betrachter in unvergesslicher Erinnerung und ziert auch die Staatsflagge von Kambodscha.

Der gesamte Gebäudekomplex bestand aus 398 aus Stein gebauten Räumen, die wiederum üppig ausgestattet und geschmückt waren mit unzähligen Figuren und Reliefs.

Schon beim Gang über den 200 Meter breiten äußeren Wassergraben eröffnen sich immer neue Perspektiven auf den Gebäudekomplex, er erscheint zunächst zweidimensional, wie ein Postkartenmotiv gegen den blauen Himmel. Wenn man durch das äußere Tor den inneren Bereich der Anlage betritt, gewinnen die Gebäude plötzlich an Tiefe und Komplexität.

Wenn man das zentrale Gebäude von außen umrundet, erschließt sich dem Betrachter erst die ganze Größe (1 qkm als Grundfläche!) und architektonische Vielfalt über 3 Ebenen, mit steilen Treppen, wunderbaren Galerien und den unterschiedlich geschmückten Türmen. Wir haben uns von den lauten Reisegruppen so weit, wie möglich, entfernt und von einem stillen Fleck aus dieses architektonische Meisterwerk auf uns wirken lassen – in diesem mystischen Moment der andächtigen Stille waren wir wohl dem Hindugott Vishnu sehr nah!

Es ist ein Wunder, wie viele Figuren und Reliefs die Kasernennutzung des ganzen Komplexes durch die barbarische Armee der Roten Khmer unbeschadet oder zumindest nur leicht beschädigt überstanden haben. Während des Vietnamkrieges bombardierten darüber hinaus die USA die Roten Khmer bei Angkor Wat, dabei ging (zum Glück) nur das französische Hotel in unmittelbarer Nähe des historischen Komplexes in Flammen auf, was aus heutiger Sicht ein Segen war und diese frühe Bausünde rabiat und gründlich beseitigte.

Zum Abschluss unseres Besuchs in Siem Reap besuchten wir das wenige Tage vorher eröffnete Angkor Wat Nationalmuseum – das in einem prachtvollen Bau die Ursprünge und wechselvolle Geschichte Angkor Wats sehr anschaulich und mit modernster Technik präsentiert – besser hätten wir diese unvergesslichen Tage nicht beschließen können.

 

Zusammenfassung

Ein Besuch im Angkor Gebiet ist ein „Must“ für jeden Weltenbummler. Die künstlerische und archäologische Bedeutung und der unvergessliche visuelle und emotionale Eindruck stellt den archäologischen Park von Angkor Wat für mich in eine Reihe mit den bedeutendsten Weltwundern menschlicher Kultur, die ich bisher gesehen habe – den Pyramiden, der Chinesischen Mauer oder dem Taj Mahal in Indien.

Kambodscha ist eines der ärmsten Länder der Erde, mit vielen Hypotheken aus der unglücklichen Vergangenheit, aber mit der großen Chance eines wachsenden Kunst- und Kulturtourismus, der hoffentlich zukünftig auch den einfachen Leuten wirtschaftlich zugute kommt.

Kambodscha ist darüber hinaus noch ein preiswertes und sicheres Reiseland – mit dem „Lächeln Asiens“ als Zugabe. Man sollte sich allerdings mit einer Reise nach Angkor Wat beeilen, denn in einigen Jahren wird es nicht mehr möglich sein, den Touristenmassen zu entkommen, wie wir es glücklicherweise noch konnten.

 

30.12.2007 Klaus Weidner

Summary
Das Lächeln Südostasien - Kambodscha
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Das Lächeln Südostasien - Kambodscha
Description
Ein Reisebericht über Kambodscha mit Angkor Wat als preiswertes und sicheres Reiseland, mit dem „Lächeln Asiens“ als Zugabe.
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